Donnerstag, 25. September 2014

Neues aus meinem Café: Arbeitsrecht auf Chinesisch

Ich arbeite nun ja schon seit ein paar Monaten in einem kleinen Café hier in Australien. Mein Chef ist Chinese und meine gesamten Kollegen ebenfalls fast alle. Wie ich schon letztes Mal beschrieben habe, führt das des Öfteren zu dem einen oder anderen Missverständnis

Gerade in Bezug auf meine Anstellung gibt es da die eine oder andere Diskussion, die ich mit meinem Boss schon führen durfte. Ich fühle mich als Barista dort sehr wohl und komme auch mit meinem Chef gut klar, allerdings kann man sich ja trotzdem nicht alles gefallen lassen. 

Ich arbeite dort mittlerweile als Vollzeitkraft. Pauschal gesehen bedeutet das, dass ich weniger Geld pro Stunde bekomme, als wenn er mich auf Stundenbasis bezahlen würde. Da ich aber deutlich mehr arbeiten kann, zahlt sich das am Ende für mich durchaus positiv aus. Außerdem bin ich im Falle von Krankheit abgesichert und bekomme auch einige Rechte zugesprochen, sowie beispielsweise Urlaub oder frei an Feiertagen. Eigentlich klar. Mehr als klar. So nicht für meinen chinesischen Chef… 
Ich liebe Zahltag

Hier mal ein paar Beispiele:

Wir haben also einen Feiertag in Queensland. Das Café ist den Tag über geschlossen und ich kann nicht arbeiten. Gönnerhaft wendet Mark (mein Boss) sich also an mich: „Sina, da du ja einen Tag nicht arbeiten kannst, kannst du die Stunden gerne an den anderen vier Tagen nachholen oder möchtest du Samstag arbeiten?“ Ich war ein wenig verwirrt und fragte ihn nur wie er darauf kommen würde. Da erklärte er mir, ich müsse doch 39 Stunden die Woche arbeiten und am Feiertag hat das Café ja zu, also muss ich die Stunden natürlich nachholen. Das meinte er komplett ernst. Ich habe ihm dann versucht zu erläutern, dass er mir als Vollzeitkraft freigeben muss, wenn der Feiertag nun mal in die Woche fällt und ich die Stunden auch nicht nachholen muss. Da musste er direkt seinen Anwalt anrufen und nachfragen… Ratet wer Recht hatte und einen schönen freien Tag verbringen durfte? 

Dann fragte ich nach einem Tag frei, da ich zum Strand fahren wollte. Er überlegte darüber zwei Tage und meinte dann, ich könnte frei haben und er würde mir dann einfach weniger Lohn zahlen, dann bräuchte ich die Stunden nicht nacharbeiten. Aaaaaaaaaah! Schon wieder. Da erklärte ich ihm dann erstmal, dass man als Vollzeitkraft weniger Lohn bekommt, damit aber auch Rechte eingeräumt bekommt, wie zum Beispiel Urlaub. Er rief seinen Anwalt wieder an und tadaaaa ich hatte einen Tag frei. 

Nun kündigte ich ja und habe ihm extra 6 Wochen Zeit gegeben, sich jemanden Neues zu suchen. Allerdings bedeutet das nicht, dass ich deshalb auf meine angesammelten Urlaubtage verzichten möchte. Was sich auch wieder als Diskussionswürdig heraus stellte…. Aber diskutieren kann ich ja. Er willigte schließlich ein meine Wochenarbeitszeit zu kürzen, wenn er mir schon keinen gesamten Tag freigeben kann (aus Grund von Personalmangel). Damit konnte ich leben. Was mich dann allerdings wieder zum Erstaunen gebracht hat, war seine Aussage, dass er mir wohl trotzdem mein volles Gehalt zahlen würde. Ich sagte nur, dass das auch mein volles Recht ist und ich das verdiene und das es keinesfalls „gönnerhaftes Handeln von ihm sei“. Glaub nicht, dass er das verstanden hat. Aber nun ja, spielt ja auch keine Rolle mehr, solange ich das Geld bekomme.

Dann an einem Freitag, war ich krank. Ich war zwar im Café und arbeite die ersten 4 Stunden, musste dann aber krank nach Hause. Ich fühlte mich einfach furchtbar und Mark schickte mich, nachdem er mich gesehen hatte, schlichtweg nach Hause. Ich fragte noch, ob er eine Krankschreibung brauchen würde und er verneinte. Eigentlich hätte ich da schon misstrauisch sein müssen, es klang doch zu einfach… Und wie sich später herausstellte, hat er mir den Tag einfach als Urlaubstag abgeschrieben… Natürlich hatten wir darüber auch wieder ein Gespräch.

Dann sucht Mark ständig nach neuem Personal und wir bekommen all diese „Trainees“, die wirklich kein Wort Englisch verstehen und nur fünf Worte sprechen können. Was ziemlich unpraktisch ist, besonders, wenn ich sie einlernen soll… Mein chinesisch ist nämlich immer noch nicht der Knaller. Ich wunderte mich wieso nur Chinesen sich bewarben und Mark betonte mehrmals, er suche wirklich alle willigen Arbeitskräfte, ungeachtet der Herkunft. Ich fand dann allerdings heraus, dass Mark seine Jobanzeigen lediglich auf dem lokalen chinesischen Netzwerk hier postet… Was ein Wunder, dass sich niemand anders meldet.
Langsam komme ich allerdings auch dahinter, wieso er seine Landsleute als Angestellte bevorzugt: Sie arbeiten für ein Hungerlohn, fast ohne Pausen und satte 12 Stunden am Stück, ohne sich auch nur einmal zu beschweren. Zudem nehmen sie, anders als die anstrengende Deutsche da, keinerlei Rechte war und machen einfach mal alles mit. Ich bin fast umgefallen, als die Lieben mir schließlich gebeichtet haben, was sie per Stunde bekommen. Dafür würde ich nicht da stehen. Zudem gibt es hier eigentlich einen Mindestlohn an den man sich halten sollte… Aber nun ja. Ich habe ihnen geraten das nicht mitzumachen, mehr kann ich nicht tun. Trotzdem schockierend was sich manche Menschen so bieten lassen. 

Ich jedenfalls werde versuchen aus jedem einzelnen Tag dort das Beste zu machen. Und ich liebe meine Kollegen. Die sind einfach fantastisch. Wir planen noch einmal auszugehen, bevor ich Australien verlasse. Aber nur unter einer Bedingung: Kein Fachchinesisch!
Chinesisch? Wir verstehen nur Bahnhof?

Samstag, 20. September 2014

Der Blaue Power Ranger im Stripclub

Gestern wollte ich hier in Brisbane auf ein Konzert gehen. Die Location sollte ein altes Kino sein und das hörte sich vielversprechend an. Die Band die dort spielte, heißt Lunar Season und da ich einige Bandmitglieder gut kenne wollte ich sie nun auch endlich mal spielen hören. Eigentlich eine gute Planung, wer hätte ahnen können, dass der Abend dann doch ganz anders verlaufen sollte…

Da ich am Donnerstag ein wenig Tinte in meine Haut hab stechen lassen, hatte ich nur eine begrenzte Auswahl an Kleidungsstücke zur Auswahl. Da ich keinen Stoff auf meinem Oberschenkel haben wollte kam nur ein Kleid oder ein Rock in Frage und der musste auch recht weit sein, ausgehtauglich und trotzdem warm, da ich mich die ganze Woche mit einer dicken Erkältung rumgeschlagen habe und es war der erste Tag wo mir überhaupt nach ausgehen zumute war. 

Meine Entscheidung fiel auf ein blaues Kleid mit einem eher 60er oder 70er Jahre Schnitt. Ich hatte das Teil noch nie an und es mir einfach mal in einem Anfall von Kaufrausch erstanden und dann nie wieder angeguckt. Mit einem schwarzen Tuch als Gürtel gepimpt (Backpacker müssen kreativ sein) und schwarze Stiefel dazu, habe ich mich dann direkt wie der blaue Power Ranger gefühlt. Ich weiß nicht wie ich darauf kam, aber den ganzen Abend begleitete mich dieses Gefühl, wahrscheinlich unterstützt von ein paar Gläschen Wein nach einer dicken Erkältung. In dieser guten Stimmung habe ich dann auch gleich die Toilette der Location genutzt um ein paar Selfies zu schießen. Wundervoll, wenn man die dann am nächsten Tag mal genauer betrachtet.
Tolle Selfie Location
Die Band Lunar Season die wir uns ansehen wollten, spielt Rock/ Grunge und ist damit eigentlich nicht wirklich mein Fall. (Hier ein kleines Beispiel, wenn ihr mal reinhören wollt)

Da allerdings nicht sooo viele Zuschauer da waren, habe ich mich motiviert in die erste Reihe des alten Kinos gesetzt und habe das auch sogleich, nach den ersten gespielten Takten, bereut. Ich wurde an die Wand gespielt. Es war so unglaublich laut. Gefühlte 5 Lieder später war das Ganze dann allerdings auch schon vorbei. Mir erklärte man, dass sei normal für Gigs relativ unbekannter Bands, die würden hier immer nur ein paar Songs zum besten geben und dann ist Schluss.
1. Reihe

Da wir uns mitten in der Valley befanden, ein Stadtteil in Brisbane, der bekannt für sein Nachtleben ist, wollte ich noch nicht wieder nach Hause. Und ich weiß nicht so genau, wer dann letzten Endes die Idee hatte, spielt auch keine Rolle… Wir endeten jedenfalls damit, dass wir beschlossen in einen Stripclub zu gehen. Wir waren nur zwei Mädels und ein Haufen Kerle, die uns begeistert erzählten, dass man schon für 5 Dollar einen Lap Dance bekommen würde. 

Hier mal eben die Wikipedia Beschreibung für Unwissende: „Bei einer speziellen Variante des Tabledance, dem Lapdance (engl. lap = der Schoß), tanzt der Tänzer zwischen den Beinen des sitzenden Gastes oder setzt sich auf dessen Schoß, um sich zur Musik zu bewegen oder einen Geschlechtsverkehr in sitzender Position zu imitieren. Dabei ist ein gewisses Maß an physischem Kontakt und Berührungen zwischen Tänzer und Gast gegebenenfalls möglich.“ 

Großartig dachte ich mir, ich fühle mich wie ein Power Ranger, was soll schon schief gehen. Ich fand mich als 10 Minuten später, mit einem völlig überteuerten Getränk in der Hand im Dämmerlicht, auf einem plastik-überzogendem Sofa wieder, welches sich um eine große Bühne mit Pole-Dance-Stangen schlängelte. Dort saß ich dann und war erstmal ein wenig baff, wie viele halbnackte Frauen denn da überall rumliefen, tanzten und sich um die Stangen wickelten. Ich war zwar schon mal in einem Strip Club, aber irgendwie nicht in solch einem Etablissement. Es stellte sich heraus, dass der DJ verschiedene Musiksets spielte, dessen Musikrichtungen wechselten von HipHop über Techno zu Rock und und und... Jedes Mal kamen neue Mädels aus der Garderobe und schwärmten aus. Mich fragten gefühlte 100 Frauen ob ich einen Lap Dance haben will und ich sagte immer nein. 

Es wurde später und ich begann irgendwann mich zu entspannen und zwar genau so lange, bis einer meiner Begleiter mir einen Tanz spendierte. Das Mädel fand es sichtlich amüsant für eine Frau zu tanzen. Genau wie alle anderen Typen in diesem Club. Es wurde gegrinst und gestarrt und ehe ich mich versah, war der Tanz dann auch schon vorbei. Die Einzelheiten behalte ich nun einfach mal für mich, wir müssen ja auch nicht alles breittreten. Ich kann nur sagen, es war eine einmalige Erfahrung. Ja, ich denke, dass trifft es so ziemlich genau.

Ich bewundere die Frauen die den Mut aufbringen ihre Körper so zu Schau zu stellen und für (hauptsächlich) Männer zu tanzen. Ich könnte das nicht. Es ist eine Fleischbeschau. Du wirst komplett auf dein Äußeres reduziert und die Blicke, die einige der Herren dir zuwerfen machen mir schon Gänsehaut. Aber naja. Nun bin ich 28 und hatte meinen ersten Lap Dance. 

Verrückt dieses Leben. Ich sage es ja immer wieder. Einfach wundervoll verrückt.

Danach ist der Power Ranger dann nach Hause gegangen. Wo er bis heute glücklich und zufrieden lebt.

Freitag, 12. September 2014

Ich komme nach Hause!

Es ist soweit. Mein Herz sagt, es will heim. In altbekannte Gegenden, mit Menschen, die ich wohl nun noch mehr liebe, als jemals zuvor. Nach Hause in die Heimat, um meine Sehnsucht zu stillen.

Es war keine einfache Entscheidung für mich, jetzt zurück nach Deutschland zu kommen. Mir war nicht einmal klar, ob ich überhaupt wiederkommen will, auch wenn ich es lange behauptet habe. Ich wollte einfach auf mich hören und fühlen wie es mir geht. Ich liebe es, neue Welten kennenzulernen. Ich liebe es, zu reisen und Menschen zu treffen, neue Geschichten zu hören und meine Eigenen zu schreiben. 

Ich habe oft gesagt, ich bin ausgezogen um mich selbst zu finden.

Um wieder Spaß und Freude zu haben und mich bewusst zu entschleunigen. Wenn ich darüber nun nachdenke, dann muss ich schmunzeln. Was ich in den letzten 1,5 Jahren gelernt und erfahren habe, war der Wahnsinn! Der absolute, atemberaubende, verrückte Wahnsinn! 
Das allerwichtigste zuerst: Ich habe mich nicht gefunden. Ich habe was viel besseres gelernt.   

Glück
Das Leben ist eine Reise, unzählige Erlebnisse, Gefühle und Begegnungen reihen sich aneinander. Es geht nicht darum, sich zu finden. Es geht darum zu "sein". Einfach zu leben. Genießen und glücklich zu sein. Genau die Dinge zu tun, die man möchte. Mutig zu sein, wenn Andere einen belächeln. Auf die kleinen Stimmen im Kopf zu hören, auch wenn sie noch so abgehoben klingen. Es geht darum zu fühlen, mit Haut und Haaren. Zu lachen und zu weinen. Zu fluchen und zu schreien. Zu gewinnen und zu scheitern. Zu versuchen und zu probieren. Und alles bewusst. Es geht darum, sich an erster Stelle selbst zu respektieren und glücklich zu machen. 


Mich selbst zu finden. Was eine utopische Vorstellung. Und wie unnötig zugleich. Wie wundervoll es ist, darüber nun einfach ein wenig zu lächeln.

Australien, vor allem hier in Brisbane, ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe hier wundervolle Menschen kennengelernt und ich habe hier sehr gerne gelebt. Allerdings bin ich nun ehrlich zu mir selber und ich bin an dem Punkt gekommen, an dem das „Sehnen“ nach Heimat, Familie und Freunde einfach überwiegt. 

Ich möchte neben meiner Mama auf dem Sofa sitzen und einen Wein trinken. Ich möchte in Papas Büro stürmen und ihn am Schreibtisch überfallen und tiefgreifende Golfdiskussionen haben. Ich möchte Alessas Augen funkeln sehen, wenn sie von Achmet (ihr Pferd) erzählt oder mit Marius unterwegs ist. Ich möchte mit Marieke und Nane über mein Leben philosophieren und über jedes kleinste Detail herumschwafeln. Ich möchte mit meinen Opas Mittagessen, durch den Garten schlendern und sie einfach wieder in die Arme schließen. Ich möchte zu Oma und Helmut fahren und Tee trinken. Mit meinen Tanten und Onkels quatschen, als wenn es kein Morgen gibt. Ich möchte Bruno und Anke sehen und mit ihnen gemeinsam auf dem Sofa Werder anfeuern, Karten spielen oder einfach nur die Seele baumeln lassen. Ich möchte feiern gehen, mit meinen kleinen Cousins, die mir über den Kopf gewachsen sind. Ich möchte einfach alle Menschen wieder sehen, die mein ganzes Leben ausmachen. Die Menschen, mit denen ich schon so viel Zeit verbringen durfte und die mich geprägt haben. Ich möchte tanzen, feiern und lachen mit ihnen. Wertvolle Zeit verschwenden und hochwichtige Dinge unternehmen. Ich möchte mit ihnen nach den Sternen greifen und zurück auf den Boden kommen. 
Einfach sein!
Ich kann euch nicht sagen, wie sehr sich mein Herz danach sehnt jeden einzelnen wieder zu sehen. Wie sehr ich mich danach sehne wieder typisch deutsche, spießige Traditionen und Macken zu erleben. Deutschsprachige Musik zu hören und einfach mal wieder deutsche Konversationen zu haben. Es ist Zeit für mich. Und ich freue mich unbändig. 


Ich komme HEIM Freunde! Am 23. Oktober bin ich da.